MuK: Was wir denken, wenn wir sehen

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Digital Detox, eingeschränkte Bildschirmzeiten oder Medienrituale – die besten Regeln funktionieren nicht, wenn die Inhalte von Websites oder Social-Media-Kanälen fraglich sind.

Wird immer das Gleiche geschaut, bildet das Gehirn verstärkt neuronale Verbindungen für diese spezifischen Inhalte aus und es verändert sich nichts. Denn wäre das Gehirn ein Muskel, wäre es, als würde im Fitnessstudio immer nur eine einzige Übung gemacht werden. Wer also immer nur lustige Katzenvideos auf TikTok schaut, ist vielleicht früher oder später Expertin oder Experte für Humor und Katzen, hat aber weder Durchhaltevermögen für ausführliche Dokumentationen noch Argumente für Diskussionen zum Thema artgerechte Katzenhaltung. Ähnliches gilt für das Konsumieren von immergleichen stereotypen Bildern in Hinblick auf Schönheitsideale oder politische Themen wie Klimakrise, Corona und Migration.

Entsprechend können andere neuronale Netzwerke im Gehirn verkümmern, da sie weniger genutzt werden. So entwickelt sich eine Art Tunnelblick im Denken und in der Wahrnehmung. Verstärkt wird dies durch die Algorithmen sozialer Medien, die darauf optimiert sind, uns bei dem zu halten, was wir bereits mögen. Dabei geht es nicht um die intellektuelle Herausforderung, sondern immer um wirtschaftliches Interesse – dessen sollte man sich immer bewusst sein. So steckt man dann in der Filterblase fest und entwickelt unter Umständen eine verzerrte Realitätswahrnehmung, vielleicht auch einen Tunnelblick in Denken und Wahrnehmung. Nicht zuletzt, weil bestehende Ansichten häufig bestätigt und verfestigt werden (Confirmation Bias) und „get out oft the box“ nicht immer komfortabel ist. Gerade für Heranwachsende in der Meinungs- und Persönlichkeitsfindung ist dies kritisch zu bewerten. Und genau hier gilt es, Kinder und Jugendliche zu begleiten. Müßig zu erwähnen, dass Kreativität flöten geht sowie die Fähigkeit der eigenständigen Problemlösung. Mehr noch: das kritische Denken geht verloren, weil man nicht gelernt hat, verschiedene Perspektiven einzunehmen, andere Meinungen zu diskutieren und Möglichkeiten zu entdecken. Denn der Gesprächsstoff ist eingeschränkt und das Verständnis für andere Ansichten verschwindet. Vielleicht ist dies auch eine Erklärung dafür, warum die derzeitige Streit- und Diskussionskultur so aufgeheizt ist.

Es geht also weniger um Quantität als Qualität, die Lösung liegt wie immer in der bewussten Mediennutzung, um für Abwechslung und damit für neue neuronale Verknüpfungen im Gehirn zu sorgen. Kleiner Extra-Tipp: So bleibt der „Gehirnmuskel“ fit:

• Aktiv nach neuen, herausfordernden Inhalten suchen
• Verschiedene Quellen und Formate nutzen
• Regelmäßig die eigenen Konsumgewohnheiten hinterfragen
• Zeit für kreative Aktivitäten abseits der Medien einplanen

Wie wäre es, gemeinsam in der Familie solch einen „Trainingsplan“ zu erstellen und zu diskutieren? Viel Spaß beim Ausprobieren und Verlassen der Komfortzone.

Ilona Einwohlt für MuK Hessen e.V.